Pferdegesundheit aus ganzheitlicher Sicht

Pferdewirtschaftsmeisterin Katrin Albrecht

Vorwort

Da wir mittlerweile viele Pferdebesitzer als Kunden haben, die sich nicht nur selber, sondern auch Ihren Lieblingen mit dem Aloe Vera Saft für Pferde oder den Leinöl Pellets für Pferde etwas Gutes tun wollen, haben wir unsere Autorin Katrin Albrecht, gelernte Heilpraktikerin, ehemalige Dressurreiterin und Pferdewirtschaftsmeisterin um einen Artikel gebeten, in dem sie ihre ganz eigenen Gedanken und Erfahrungen zur Gesunderhaltung ihrer Pferde niederschreibt. Wir hoffen, dass er dem ein oder anderen Pferdebesitzer hilft, sich die wesentlichen Bedingungen in Erinnerung zu rufen, damit eines der empfindsamsten Säugetiere lange fit und gesund erhalten bleibt.

Der Halter trägt Verantwortung

Was ist es, das Pferde für ganz viele Menschen so faszinierend macht? Eine Antwort könnte in ihrem Wesen liegen. Sie sind groß und wären uns kräftemäßig jederzeit haushoch überlegen, doch wer einmal einen Schritt auf sie zugegangen ist und gespürt hat, wie sehr sie dem Menschen zugetan sind, wird sanft, aber unvermeidlich in ihren Bann gezogen. Auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen ist es möglich, dass ein Pferd und sein Mensch eine tiefe Beziehung zueinander aufbauen und sie buchstäblich gemeinsam „durch dick und dünn gehen“.

Ebenso wie für uns Menschen selber, ist die Gesundheit von Sport- oder Freizeitpartner Pferd für jeden Reiter und Pferdebesitzer das höchste Gut. Nichts kann ihn so sehr erfreuen, wie sein glückliches und vor Kraft strotzendes Pferd mit dessen Artgenossen über eine große Koppel galoppieren zu sehen. Und doch sieht die Realität in den Ställen oft anders aus. Leider gehören die unterschiedlichsten gesundheitlichen Probleme für viele Pferdebesitzer zu ihrem Alltag. Das reicht von kleineren Wehwehchen über Trainingsverletzungen bis hin zu akuten oder chronischen Stoffwechselstörungen und immer wieder auch schweren, hochansteckenden Infektionskrankheiten, die einen ganzen Bestand bedrohen können.

So ist im Rahmen der planvollen Prophylaxe ein sorgfältiges Impfmanagement, Wurmkuren, Zahnkontrollen, Physiotherapie und die greifbare Notfallnummer der Pferdeklinik das Eine, aber für ein gesundes Pferdeleben braucht es noch soviel mehr. Das Zauberwort heißt „Artgerechtigkeit“, denn die Basis der Pferdegesundheit liegt in der artgerechten Haltung und Fütterung.


„Gesund reiten“

Wird der vierbeinige Partner als Reitpferd gehalten, kommt ein gesund erhaltendes Training nach den Grundsätzen der funktionellen Bewegungslehre sowie der Biomechanik und eine schonende Ausbildung hinzu. Das Pferd braucht aufgrund der (Hänge-)Brückenkonstruktion seiner Wirbelsäule einen gezielten Aufbau der Tragemuskulatur (Rücken- und Bauchmuskeln), um durch das Reitergewicht keinen Schaden zu nehmen und dauerhaft Schmerzen zu erleiden. Die natürliche Schiefe des Pferdes gilt es durch fachsprachlich „Geraderichtung“ genanntes Training auszugleichen, damit eine einseitige Überbelastung des gesamten Bewegungsapparates beim Reiten, die zwangsläufig zu frühzeitigem Verschleiß, Schmerzen und Sportinvalidität führen würde, unbedingt vermieden wird.

Um dieser Verantwortung als Pferdebesitzer gerecht zu werden, braucht es eine Menge an Fachwissen und Qualifikationen im Umgang mit den Tieren. Ein Blick auf den entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund des Pferdes hilft, die richtigen Rückschlüsse auf seine Bedürfnisse zu ziehen. Zunächst gilt es zu wissen, dass die Urpferde kleine, ausdauernde Steppentiere waren, die in Herdenverbänden unermüdlich ihren kargen Lebensraum durchstreiften, um genügend Nahrung zu finden. Ihr Leben in der hierarchischen Rangordnung ihrer Herde mit einem starken Leittier bedeutete Sicherheit vor natürlichen Feinden und Gefahren. Alle Bedürfnisse, Instinkte und Verhaltensmuster unserer heutigen Reitpferde sind aus dem Leben ihrer Vorfahren als Lauftiere, Dauerfresser, Herden- und Fluchttiere abzuleiten. Artgerechte Haltung bezeichnet also eine Daseinsform für unsere domestizierten Pferde, die ihrem ehemals in der freien Wildbahn gelebten Leben am nächsten kommt.

Die Grundbedürfnisse des Pferdes

Um gesund zu bleiben, müssen die ethologischen Grundbedürfnisse eines jeden Lebewesens erfüllt werden. Dies gilt aus ganzheitlicher Sicht sowohl für den Körper als auch für Geist und Seele.

Grundbedürfnis Ernährung

Dauerfresser Pferd benötigt rund um die Uhr Zugang zu energiearmem, rohfaserreichen Futter. Dies kann durch die sogenannte „ad libidum“ Heufütterung umgesetzt werden. Der Grund dafür ist die natürliche, konstante Produktion von Magensäure. Diese wird durch Speichel neutralisiert, aber der entsteht nur im Kauprozess. Werden dem Pferd Fresspausen von mehr als vier Stunden auferlegt, so kann das bereits zu Schädigungen der Magenschleimhaut durch die Säure führen und Magengeschwüre begünstigen.

Grundbedürfnis (Fort)bewegungsverhalten und Erkundungsdrang

Der Steppenbewohner Pferd möchte sich frei bewegen können, wie vormals auf der Suche nach Futter und auf der Flucht. So wird der gesamte Bewegungsapparat und das Herz-Kreislaufsystem auf Ausdauer und Schnelligkeit trainiert. Jede Haltungsform sollte dieses Bedürfnis berücksichtigen. Auch möchten Pferde ihre Umgebung genau erkunden, da sie als Fluchttiere etwaige Gefahren frühzeitig aufspüren wollen. In einem heute eher gefahrenfreien Lebensraum wird dieses Verhalten oft als Neugierde interpretiert.

Wichtig für Mensch und Pferd: Das Sozialverhalten
Wichtig für Pferde und Mensch: Ein gesundes Sozialverhalten
Frisches Heu als rohfaserreiches Futter
Viel Auslauf und Bewegung für ein gesundes Pferd

Grundbedürfnis Sozialverhalten

Das Herdentier Pferd braucht den Kontakt zu seinen Artgenossen. Auseinandersetzungen, Spaß und Spiel stärken die Physis und schulen die Koordination. Freundschaften untereinander und der Herdenverband geben Sicherheit und sind gut für die Seele. Einzelhaltung ist für Pferde eine der schlimmsten Lebensformen, sie können regelrecht verkümmern. Ein durch Verkauf und Umzug erlittener Verlust von Freunden und der gewohnten Umgebung – was durch die heutige Mobilität vielen Pferden zugemutet wird – bedeutet zum Beispiel großen Stress für die sensiblen Tiere.

Grundbedürfnis Ruhephasen und Schlaf

Ruhephasen und Regenerationsmöglichkeiten dienen jedem Organismus zur Gesunderhaltung. Dem Fluchttier Pferd sollten demzufolge Zeit und Räume (z. B. sandige Liegeplätze) zur Erholung zur Verfügung stehen. Diese nutzen sie gerne viele Male am Tag für kurze Zeit zum Dösen im Stehen oder Liegen. Selten nur gönnen sie sich eine Tiefschlafphase in ausgestreckter Seitlage, denn in diesen Momenten sind sie am verletzlichsten.


Nur bedarfsgerechte Fütterung ist gesund

Pferdegesundheit ist grundsätzlich immer ein mehrdimensionaler und dynamischer Prozess, dessen Grundstein bereits durch verantwortungsvolle Aufzucht im Fohlenalter gelegt wird. In den ersten drei Lebensjahren sollten die besonderen Ansprüche des durch Knochenwachstum und Muskelaufbau geforderten Körpers durch spezielle altersgerechte Fütterung gedeckt und Mangelerscheinungen vermieden werden.

Ein ausgewachsenes Pferd bedarfsgerecht füttern bedeutet: Energieration und Futtermenge sollten sich immer an Alter, Gewicht und Gesundheit sowie der Arbeitsleistung des Tieres orientieren. Viele häufig auftretende Pferdekrankheiten resultieren aus einer Kombination von zu viel Futter und zu wenig Bewegung. Was hier ein wenig nach Zivilisationskrankheiten klingt, ist es auch. Es braucht ein absolut individuelles Futtermanagement!

Oftmals ist es in unseren Breiten durch zu fette Weiden und ein Überangebot an Futtermitteln gar nicht so leicht, dieses Wissen in der Praxis auch umzusetzen. Ein Pferd kann seinen Erhaltungsbedarf durchaus ausschließlich über Heu von guter Qualität decken, das ist vielen Pferdebesitzern nicht bewusst.

Mens sana in corpore sano
(Ein gesunder Geist soll in einem gesunden Körper wohnen.)

in Anlehnung an Juvenal (römischer Satiriker – 60 bis 127 nach Christus)

Ein gesunder Darm sorgt auch bei Pferden für ein starkes Immunsystem, gute Futterverwertung und allgemeines Wohlbefinden. Pferde haben einen hoch spezialisierten Verdauungsapparat und, ähnlich wie bei uns Menschen, reagiert auch dieser anfällig auf Stress. So gehört zu der Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse und bedarfsgerechter Fütterung auch immer Achtsamkeit für ihre innere Welt. Denn dauerhafter Stress wird ihre Abwehrkräfte und die Konstitution schwächen und sie anfälliger für Krankheiten werden lassen.

Je mehr Vertrauen ein Pferd in seine Bezugspersonen und seine Umwelt hat, desto resilienter kann es Stressfaktoren begegnen. Es ist schön zu beobachten, welch unglaubliche Meister des „Self-Care“ Pferde sind, wenn ihnen ein möglichst naturnahes Leben ermöglicht wird. Voller Wonne nehmen sie regelmäßige Sand- oder gerne auch Schlammbäder und chillen gemeinsam in der Sonne. Sie haben außerdem eine perfekt an unsere klimatischen Verhältnisse angepasste körpereigene Thermoregulation, um Wind und Wetter ohne Decken trotzen zu können, und ihren Bewegungsdrang stillen sie einfach nach Lust und Laune.

Auch bei Pferden kann es leider eine genetisch bedingte Prädisposition zu Allergien oder Autoimmunerkrankungen geben. Ob oder wann eine Krankheit aber ausbricht, hängt immer auch mit den Lebensumständen zusammen. So kann die artgerechte Haltung und pferdebezogene Fütterung, ergänzt durch liebevolle Pflege und Betreuung, das Pferd dabei unterstützen, immer wieder ein gesundes Gleichgewicht seiner Körpersysteme herzustellen. Die Basis für ein langes und gesundes Pferdeleben!

Heilpraktikerin, Pferdewirtschaftsmeisterin & AutorinUnsere Autorin ist zugelassene Heilpraktikerin mit Zusatzausbildungen in verschiedenen Körpertherapien und manueller Lymphdrainage. Sie ist außerdem ehemalige, erfolgreiche Dressurreiterin und ausgebildete Pferdewirtschaftsmeisterin, Reitlehrerin FN und Fachredakteurin Reitsport mit einem eigenen Online Magazin.
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2 Kommentare
  • Antworten
    21. August 2022, 20:34

    Vielen Dank für diesen umfassend informativen Artikel.
    Interessant für alle Pferdefreunde und Menschen, denen eine artgemäße Haltung ihres Tiers am Herzen liegt.

    • Antworten
      22. August 2022, 8:30

      Hallo Mirjam … das finden wir auch. Dieser Artikel und seine Inhalte ist gut nachvollziehbar, ohne zu sehr in die komplexe Tiefe der Pferdegesundheit zu gehen. So können sich nicht nur erfahrene Pferdebesitzer orientieren, sondern auch solche, die es werden wollen.

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